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1. Geschichte des Mittelalters - S. 40

1888 - Wiesbaden : Kunze
40 Erste Periode des Mittelalters. der Übergabe Ravennas sicherte Theodorich seinem Gegner Leben und Freiheit zu; allein wenige Tage nachher wurde Odoaker einer Verschwörung beschuldigt und bei einem Mahle getötet. Theodorich eroberte ganz Italien und erhob Verona und Ravenna zu seinen Residenzen. Auch Sizilien, die südlichen Alpenländer und Südgallien unterwarf er seinem Zepter. Er behandelte die Bewohner seines neu gestifteten Reiches mild und gerecht und hielt römische Sitten und Gebräuche möglichst bei. Seinen Goten (gegen 200 000 streitbare Männer) gab er das Drittel der Ländereien, welche Odoakers Leute in Besitz hatten, ließ die Gesetze und die Verfassung des römischen Staates bestehen, sodaß die Römer stets nach römischem Rechte gerichtet wurden, und machte alle Unterthanen steuerpflichtig. Die Goten dagegen behielten ihre eigenen Einrichtungen. Ihnen wies er den Wehrstand als ihren Beruf an, die Geschäfte des bürgerlichen Lebens den Römern. Darum mußten die Goten unablässig in den Waffen sich üben, und ihre Kinder durften feine römischen Schulen besuchen, weil nach der Vorstellung des Königs diejenigen nicht ohne Furcht die feindlichen Schwerter erblicken würden, welche schon jung vor der Rute des Lehrers gezittert hätten. Sowie er fein Volk zu tüchtigen Kriegern heranzubilden bemüht war, ebenso förderte er unter den Eingebornen Ackerbau, Gewerbe, Kunst und Wissenschaft. Aber die Römer fügten sich nur mit Unwillen der Gotenherrschaft, und die religiösen Streitigkeiten zwischen Arianern und Katholiken dauerten fort. Die verschiedenen Religionsparteien verfolgten sich aller Orten, doch der arianisch gesinnte Theodorich war weit davon entfernt, die Katholiken seines Landes irgendwie zu kränken oder zur Änderung ihrer Ansichten zu zwingen. Trotzdem erntete er nur Undank. Da nämlich im griechischen Reiche unter der Regierung des Kaisers Justin die Arianer grausam verfolgt wurden, so erachtete es Theodorich für feine Pflicht,-, feinen bedrängten Glaubensbrüdern beizustehen, und bat durch den Bifchof Johannes den Kaiser Justin, er möge die den Arianern im griechischen Reiche entrissenen Kirchen zurückgeben. Justin empfing den römischen Bifchof mit großen Ehren, lehnte aber dessen Vermittelung ab. Dadurch wurde Theodorich so argwöhnisch, daß er nicht nur den heimkehrenden Bischof einkerkern ließ, sondern auch in feiner Umgebung eine Verschwörung ahnte. Der römische Senator Albinus wurde angeklagt, er stehe mit Kaiser Justin in verräterischem Brieswechsel, und Theodorich mißtraute jetzt der ganzen römischen Adelspartei. Boethius, der reichste und gebildetste Senator,

2. Geschichte des Mittelalters - S. 119

1888 - Wiesbaden : Kunze
§. 20, 4. Gregor Vii. 119 von Gott gegeben ist." Nach diesen Grundsätzen ordnete Gregor die römische Hierarchie. So war die Macht und das Ansehen des römischen Papstes von Jahrhundert zu Jahrhundert gestiegen. Regenten demütigten sich vor ihm, und das hohe Gewicht, welches insbesondere die deutschen Kaiser auf'die päpstliche Krönung und Salbung legten, mußte das Volk in seiner Ansicht bestärken, daß die geistliche Macht über der weltlichen stehe. Schon Papst Nikolaus I. (867—872) hatte eine Sammlung der ältesten Kirchengesetze, die sogenannten Dekretalen des Pseudo-Isidor*) für echt erklärt und durch sie den Beweis führen wollen, daß die Kirche schon seit den ältesten Zeiten eine unbeschränkte Gewalt besessen habe, und daß der römische Bischof nicht bloß das Oberhaupt der ganzen Kirche, sondern auch der Aufseher und Richter aller weltlichen Regenten sei. Um 880 hatte sich der römische Papst eines gefährlichen Nebenbuhlers, des Patriarchen von Konstantinopel, entledigt und allen Einfluß entfernt, welchen bisher die byzantinischen Kaiser noch auf die Kirche des Abendlandes ausgeübt hatten, aber dadurch auch die Trennung der christlichen Kirche in eine abendländische, römische und eine morgenländische, griechische Kirche herbeigeführt, die unter Papst Leo Ix. 1053 zu einer vollständigen und dauernden wurde. Die Mittel, durch welche die Päpste in streitigen Fällen manchen Fürsten und Herrn zur Nachgiebigkeit zu zwingen gewußt hatten, waren außer ihrem Ansehen, gewisse kirchliche Strafen, insbesondere der Kirchenbann und das Interdikt. Wer mit dem Banne belegt wurde, war von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen und durste die Kirche nicht betreten, an gottesdienstlichen Versammlungen, an der Messe, der Beichte und dem Abendmahl keinen Anteil nehmen. Achtete ein Fürst den Bann nicht, so entband der Papst dessen Unterthanen vom Eide der Treue und gebot ihnen, dem Fürsten nicht mehr zu gehorchen. Das Interdikt war der über eine Stadt, eine Provinz oder ein ganzes Land ausgesprochene Bannfluch; so lange dasselbe währte, hörte aller Gottesdienst auf, die Kirchen wurden geschlossen, die Glocken durften nicht geläutet, die Sakramente nicht gespendet, die Toten nicht mit *) Isidor, Erzbischof von Sevilla (t 636), sollte eine der ältesten Sammlungen der Kirchengesetze veranstaltet haben. Diese erschienen im 9. Jahrhundert in neuer, gefälschter Gestalt.

3. Geschichte des Mittelalters - S. 50

1888 - Wiesbaden : Kunze
50 Erste Periode des Mittelalters. gewandt. Mit der Verschönerung des Gottesdienstes ging die Verehrung von Bildern und Reliquien Hand in Hand und erzeugte unter dem ungebildeten Volke, das die sichtbaren Gegenstände anbetete, Aberglauben und Abgötterei. Als deshalb Leo Iii. der Jsaurier (718—741) den Bilderdienst verbot, entstand ein mehr als hundertjähriger Bilderstreit, der das Volk in zwei Parteien spaltete und die wildesten Leidenschaften erzeugte. Leos Sohu Konstantin V. (741—775) ließ durch eine Kirchen-Versammlung (754) den Bilderdienst als eine Erfindung des Teufels verbannen und die Anhänger aufs strengste bestrafen; auch der Zunahme des Mönchswcsens und des Cölibats (der Ehelosigkeit) trat er entgegen. Gegen die aus Asien in die Donauländer eingewanderten Bulgaren schützte er das Reich durch Grenzbefestigungen. Sein Sohn Leo Iv. (775—780), der dritte der bilderstürmenden Kaiser, starb früh und plötzlich. Darauf ließ seine leidenschaftliche und herrschsüchtige Gemahlin Irene (§• 16, 7) durch das siebente ökumenische Konzil (zu Nicäa 787) den Bilderdienst wiederherstellen. Um die Regierung in der Hand zu behalten, ließ sie ihren eigenen zwanzigjährigen Sohn blenden und im Elend sterben. Als sie an eine Verbindung mit Karl dem Großen dachte (§. 16,5), um Morgenland und Abendland wieder unter einer Regierung zu vereinigen, wurde sie gestürzt. Unter den Nachfolgern dauerte der Bilderstreit noch fort, bis ihn die Kaiserin Theodora während der Minderjährigkeit ihres Sohnes Michael Hi. einstellte und den Bilderdienst wieder gestattete. Michael Iii. (842—867) war ein lasterhafter Fürst und verlor das Reich an Basilius den Mace-donier 867, dessen Geschlecht fast 200 Jahre im Besitze der Herrschaft blieb und das Ansehen des Reiches wieder hob. Der Bilderstreit des Morgenlandes fand im Abendlande insofern einen Nachklang, als unter Karl dem Großen eine Kirchenversammlung zu Frankfurt sich gegen das Übermaß der Bilderverehrung aussprach. Während des Bilderstreites erhoben die Bischöfe von Rom im Namen Petri Einsprache gegen die Glaubensbefehle der griechischen Kaiser, und es entstand allmählich eine vollständige Trennung zwischen der griechischen (orthodoxen) und der abendländischen (römischen) Kirche. §. 10. Daiimen imit Ostgoim. letifac mul latfßs. Nach dem Tode Geiserichs ging das Vandalenreich in Afrika einem raschen Verfall entgegen. Zur Zeit Justinians war der König Hilderich von seinem Vetter Gelimer, einem Urenkel Geiserichs, abgesetzt und gefangen genommen worden. Justinian, der nach der Eroberung des Reiches trachtete, verwandte sich für den rechtmäßigen König, aber ohne Erfolg; darum beschloß er einen Zug gegen die Vandalen und sandte seinen Feldherrn Belisar, der sich bereits im Kriege mit den Persern ausgezeichnet hatte, mit einem ansehnlichen Heere dahin ab. Belisar war der bedeutendste Feldherr seiner Zeit, von hoher, edler Gestalt, tapfer und milde, voll Demut und unerschütterlich treu im Dienste seines Herrn. Er landete 533 an der afrikanischen Küste

4. Geschichte des Mittelalters - S. 195

1888 - Wiesbaden : Kunze
§. 29. Das Mönchtum und die römische Kirche. 195 neuen kirchlichen Mönchsverein bilden; als sie aber die Einfalt des apostolischen Lebens erstrebten und den Grundsatz aufstellten, daß das Lehramt nicht Vorrecht der Geistlichkeit sei, sondern auch von Laien verwaltet werden könne, daß das Lesen der heiligen Schrift nicht von der Erlaubnis der Geistlichen abhängig gemacht werden dürfe, daß alles Beichten, aller Ablaß, alles Anrufen der Heiligen, die Verehrung der Reliquien, Messen und Almosen nichtig seien, wenn nicht der lebendige Glaube, wahre Buße und Besserung bei Gott Gnade erwerbe: da wurden sie von den Päpsten und Bischöfen verfolgt und mußten in Gefängnissen und auf Scheiterhaufen ihren Glauben mit ihrem Blute besiegeln. Viele flüchteten sich in die Thäler von Piemont und Savoyen, wo sie kleine Gemeinden mit eigentümlicher Kirchenverfassung und strenger Kirchenzucht gründeten. Diese haben sich trotz aller Verfolgungen und Bedrückungen bis aus unsere Tage erhalten. Petrus Waldus selbst soll von Land zu Land flüchtig geirrt fein und feine Lehre gepredigt haben, bis er um 1197 in Böhmen eine Ruhestätte fand. Die Albigenser. Am härtesten wurden zu Anfang des 13. Jahrhunderts die Sektierer im südlichen Frankreich verfolgt, welche nach dem Städtchen Alby den Namen Albigenser führen. Als die Bischöfe nämlich der gewaltig wachsenden Sektiererei nicht mehr Einhalt zu thun vermochten, erklärte Innocenz Iii. die Albigenser für ärger als Sarazenen und entbot den Cistereienserorden zu ihrer Bekehrung. Diese Maßregel erwies sich aber als erfolglos. Ebenso wenig vermochte der päpstliche Legat Peter von Castelnau etwas gegen die Feinde der römischen Kirche auszurichten. Als derselbe 1208 von einem Unbekannten ermordet wurde, schoben die Mönche den Verdacht des Mordes aus den Grasen Raimund von Toulouse, welcher die Albigenser auf feinem Gebiete schützte und duldete. Da nahm Jnnoeenz zu einer Gewaltmaßregel feine Zuflucht und ließ durch den Abt Arnold von Eiteaux zur Ausrottung der Ketzer das Kreuz predigen. Versprechungen der Kirche veranlaßten Taufende, gegen diese Ungläubigen, wie der Papst sie bezeichnete, zu ziehen. An der Spitze dieses neuen Kreuzheeres stand der Gras Simon von Montfort, welcher den Krieg mit entsetzlicher Grausamkeit führte. Bei der Erstürmung von Beziers wurden 7000 Menschen in einer Kirche verbrannt und 20 000 erschlagen. Als man den Abt Arnold fragte, wie man unter den Einwohnern die Rechtgläubigen unterscheiden sönne, entgegnete er: „Schlagt nur tot, der Herr kennt die eeinen." Graf Raimund, welcher sich feiner Unterthanen an* nahm, wurde für einen Ketzer erklärt und fein Land dem Grafen

5. Geschichte des Mittelalters - S. 244

1888 - Wiesbaden : Kunze
244 Vierte Periode des Mittelalters. Einflüsse auf seine geistige Entwickelung und sein öffentliches Lehramt war der Umstand, daß 1402 der Ritter Hieronymus aus England nach Prag zurückkehrte und seinen Freund Hus mit Wikliffes Schriften bekannt machte. Wie Petrus Abälard, Arnold von Brescia und Petrus Waldus schon früher gegen das Papsttum ausgetreten waren, so schrieb und lehrte in diesem Zeitraume der Professor an der Universität Oxford Johann Wikliffe (1375) gegen die Unterdrückung der Kirche durch das Papsttum, gegen die Unfehlbarkeit des Papstes in Sachen des Glaubens, gegen die Willkür der Bannflüche, gegen das Mönchtum und verschiedene kirchliche Lehren, wie die herrschenden Ansichten vom Fegfeuer, von der Ohrenbeichte, dem Ablaß, dem Heiligen- und Bilderdienst, dem Abendmahl rc. Der englische Hof und Adel schützte den kühnen Mann. Erst als bedenkliche Ausstände der Bauern für Freiheit und Gleichheit seinen Lehren Schuld gegeben wurden, gelang es seinen Gegnern, seine Entlassung vom Oxsorder Lehrstuhle durchzusetzen. Seine Schriften wurden verdammt und sein Leichnam (Wikliffe starb 1384) wurde aus der Kirche von Lutterworth herausgenommen und verbrannt. Doch hatte sich seine Lehre bereits Bahn gebrochen. Husens Freund Hieronymus, ein durch Geist und Gelehrsamkeit hervorragender Mann, hatte Wikliffes Lehre in England kennen gelernt und war ein begeisterter Verehrer desselben geworden. Mit ihm waren zwei junge englische Geistliche nach Prag gekommen, welche für Wikliffes Lehre daselbst thätig waren*). Um derselben leichter Eingang zu verschaffen, hingen sie zwei Gemälde auf; das eine stellte Christi Einzug zu Jerusalem und das Gefolge feiner armen, barfuß gehenden Jünger, das andere des Papstes Einzug in Rom und seine von Gold und Seide strotzende Umgebung der Kardinäle dar. Auf dem ersteren war Christus mit der Dornenkrone, aus dem andern der Papst mit der dreifachen goldnen Krone abgebildet. Dies veranlaßte den Erzbischof von Prag, die Lehre Wikliffes als irrig zu bezeichnen und das Lesen feiner ketzerischen Schriften zu untersagen. Indessen fuhr Hus fort, Wikliffes Schriften zu lesen und öffentlich in diesem Sinne zu wirken, er griff die sittliche Verdorbenheit der Geistlichen und mancherlei Mißbräuche der Kirche an und predigte gegen den Ablaß. Als Unruhen in Böhmen ausbrachen, welche das Ansehen *) Durch die Vermahlung des englischen Königs Richard Ii. mit Anna, der Tochter Kaiser Karls Iv., war ein reger wissenschaftlicher Verkehr zwischen England und Böhmen eingeleitet worden.

6. Geschichte des Mittelalters - S. 191

1888 - Wiesbaden : Kunze
§. 29. Das Mönchtum und die römische Kirche. 191 Kirche im Morgenlande zu retten, die Ketzer auszurotten und das Gebäude der römischen Kirche im Innern zu befestigen. Vieles ist ihm unter den schwierigsten Verhältnissen gelungen, und mancher Fürst beugte sich vor seinem Machtspruche. So mußte der spanische König Alfons Ix. seine gesetzwidrige Ehe mit seiner Nichte auflösen, Philipp August von Frankreich seine verstoßene Gemahlin Jngeborg wieder annehmen, Peter von Arragonien und Johann von England ihre Reiche für zinsbare Lehen des römischen Stuhles erklären. Kurz vor seinem Tode versammelte er noch einmal die Repräsentanten der ganzen Christenheit um sich. Es erschienen die Gesandten fast aller christlichen Könige, 800 Äbte, 412 Bischöfe, die Patriarchen von Jerusalem und Konstantinopel und die Abgeordneten der Patriarchen von Antiochien und Alexandrien. Alle seine Vorschläge über Glauben, Kirchenrecht und Kirchenzucht wurden genehmigt, ein allgemeiner Kreuzzug gegen die Ungläubigen im heiligen Lande und strenge Maßregeln gegen die Ketzerei beschlossen. Im folgenden Jahre(1216) überraschte den gewaltigen Mann der Tod auf einer Reise in der Stadt Perugia. Kirchliche Lehren und Einrichtungen. In den ersten Jahrhunderten des Mittelalters war das alte apostolische Christentum in Lehre, Verfassung und Gottesdienst vielfach weiter ausgebildet worden. Die schon seit Gregor I. kirchlich geltende Lehre vomfeg-f euer als einem Mittelzustande, in welchem die Seelen der Gläubigen ihre Sünden durch Läuterungen abbüßen müßten, führte allmählich zur Lehre vom Ablaß. Man legte der Kirche die Befugnis bei, kraft des Verdienstes Christi und der Heiligen die reinigenden Strafen des Fegfeuers in irdische Strafen zu verwandeln, von denen sie gegen gewisse, dem kirchlichen Gemeinwesen ersprießliche Leistungen freisprechen könne. Wenn die großen Kirchenlehrer dabei auch ausdrücklich hervorhoben, daß dieser Erlaß von den Qualen der Kirchenstrafen und des Fegfeuers nur dann möglich fei, wenn man die begangenen Sünden aufrichtig bereue und Besserung gelobe, so wurde diese Hauptsache doch von den gewöhnlichen Priestern häufig absichtlich verschwiegen oder übergangen. Bei der Unwissenheit vieler Priester wurde die Predigt in der Landessprache als etwas Unwesentliches beiseite geschoben und der Gottesdienst, welcher sich vorzugsweise auf das Meßopfer und den Altardienst beschränkte, in lateinischer Sprache abgehalten. Die Verehrung d er Heiligen, Reliquien und Bilder wurde immer entschiedener in den Gottesdienst hineingezogen und bildete mit der Verehrung der Mutter Jesu bald den Mittelpunkt kirchlicher Erbauung. Die Zahl der Sakramente

7. Geschichte des Mittelalters - S. 192

1888 - Wiesbaden : Kunze
192 Dritte Periode des Mittelalters. war nach und nach auf sieben gesteigert worden; man zählte die Taufe, die Firmung, das Abendmahl, die Beichte, die letzte Ölung, die Ehe und die Priesterweihe dazu. Die Lehre von der Verwandlung des Brotes und Weines im Abendmahl in den Leib und das Blut Christi wurde kirchlich festgestellt, und die Befürchtung, daß von dem Blute des Herrn etwas verschüttet werden könne, entzog den Laien seit dem 12. Jahrhundert den Gebrauch des Kelches, welcher den Priestern allein verblieb. 1215 wurde durch Innocenz Iii. bestimmt, daß die Ohren beichte die unerläßliche Bedingung der Vergebung der Sünden sei. Eine Menge neuer Festtage zu Ehren Marias und der Heiligen kamen auf, so Mariä Geburt, Allerheiligen, Allerseelen und das Fronleichnamsfest zur Verherrlichung des Abendmahlwunders. Gegen die Einrichtungen des Papsttums und die Änderungen der alten apostolischen Kirche erhoben sich aber schon im Mittelalter verschiedene Bestrebungen, insbesondere die einiger strengen Mönchsorden, ferner die des Arnold von Brescia, der Waldenser und Albigenser. Klösterliche Einrichtungen. Im Mittelalter gab es viele ehrwürdige und fromme Männer, welchen das weltliche, üppige und herrschsüchtige Wesen des Papstes und der Geistlichkeit zuwider war. Schon von Ansang an hatten die Klöster mit ihrer strengen Zucht und ihrer einfachen Lebensweise einen entschiedenen Gegensatz gegen das in der Kirche allmählich eingerissene weltliche Wesen gebildet, obgleich auch sie zu großem Besitz und Einfluß gelangten. Fromme Leute glaubten nämlich keinen wohlthätigeren Gebrauch von ihrem irdischen Gute machen zu können, als es einem Kloster zu vererben. Dadurch kamen die Klöster zu großem Vermögen, welches sich noch bedeutend vermehrte, seitdem sie durch päpstlichen Machtspruch auch das Recht erhielten, ihre Insassen samt den verstorbenen Verwandten zu beerben. Wer in ein Mönchs- oder Nonnenkloster eintreten wollte, mußte ein Prüfungsjahr oder Noviziat bestehen. Kein Mönch durfte vor dem vollendeten 14. Jahre, keine Nonne vor dem 12. das Klostergelübde ablegen und eingekleidet werden. Die Kleidung bestand in einem rauhen, härenen Gewände. Der Vorsteher der Mönchsklöster war der Abt, welchem unbedingt gehorcht werden mußte; ihm zunächst stand der Prior, dann kam der Dechant, der Kellermeister, der Ökonom, der Kantor re. Dem Nonnenkloster stanb die Äbtissin vor, welcher wieder ähnliche Würden untergeordnet waren; doch mußte es einen Prior für den Gottesdienst, die Messe, die Predigt, die Beichte, die letzte Ölung re. haben, weil solche kirchliche Verrichtungen einer Frau nicht übertragen werden konnten.

8. Geschichte des Mittelalters - S. 194

1888 - Wiesbaden : Kunze
194 Dritte Periode des Mittelalters. der Dominikaner, reisender Prediger, welche ein ebenso strenges Leben wie die Franziskaner führen sollten. Um 1272 hatten die Dominikaner schon 400, die Franziskaner über 1000 Klöster. Verwandte Orden waren die Karmeliter und Augustiner, welche wie die Franziskaner ihren Unterhalt durch Einsammeln milder Gaben suchten und ihre Entbehrung, Armut und Demut durch kein irdisches Gut gestört wissen wollten. In den beiden Bettelorden hatte das Papsttum seine mächtigste Stütze, die Franziskaner oder Minoriten blieben in der innigsten Verbindung mit dem Volk und wirkten als Seelsorger in demselben, der Orden der Dominikaner befaßte sich mit der Pflege der Wissenschaften, übernahm die Lehrstühle an den Universitäten, brachte die größten Kirchenlehrer hervor, und bekämpfte die Irrlehren, verbreitete aber auch die Schrecken der Ketzergerichte unter den Völkern des Abendlandes. So hohe Achtung auch manche Orden und Klöster dadurch verdienen, daß sie die Kultur des Landes, den Unterricht, die Religion und die Wissenschaft zu Zeiten ernstlich pflegten, so sind doch in späteren Zeiten die Klagen über Laster und Ausschweifungen der Nonnen und Mönche nicht unbegründet. Sekten. Im Laufe des 12. Jahrhunderts bildeten sich in Oberitalien und im südlichen Frankreich einige Sekten, welche der katholischen Lehre entsagten und sich die Reinen (Cathari, Cazzari, woraus der Spottname Ketzer entstanden ist) nannten. Ein Beispiel der Auflehnung gegen das Papsttum gab schon Arnold von Brescia in Rom (§.27, 2), der sein kühnes Unternehmen mit dem Leben büßen mußte; andere folgten. Die Waldenser. Petrus Waldus, Kaufmann zu Lyon, stiftete die Gemeinde der Waldenser. Im Sommer 1170 befand sich Waldus in einer Versammlung angesehener Bürger zu Lyon, als plötzlich einer der Anwesenden tot zur Erde fiel. Dieser unvorhergesehene Todesfall erschütterte ihn so sehr, daß er ernstlich für sein Seelenheil zu sorgen sich vornahm. Vor allem suchte er die Lehren der heiligen Schrift sich zugänglich zu machen; er ließ sich mehrere Bücher derselben in seine Muttersprache übersetzen und las fleißig darin. Die Worte Matth. 19, 21: „Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe, was du hast, und gieb es den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komme und folge mir nach" — ergriffen ihn so sehr, daß er seine Habe verkaufte und das Geld an die Armen verschenkte. Außerdem stiftete er einen apostolischen Verein zur Predigt des reinen Evangeliums unter dem Landvolke, welcher sich den Namen der „Armen von Lyon" beilegte. Anfangs glaubte man, diese Waldenser wollten nur einen

9. Geschichte des Mittelalters - S. 196

1888 - Wiesbaden : Kunze
196 Dritte Periode des Mittelalters. Simon von Montsort erteilt. Allein dieser wurde bei der Belagerung von Toulouse durch einen Steinwurf getötet. Darum kam das grausam verwüstete Land nach Raimunds Tode an den König von Frankreich. Die Inquisition. Auf der Kirchenversammlung zu Toulouse 1229 ergriff die päpstliche Partei neue Maßregeln zur Verhütung der Ketzerei. Die Bischöse wurden angewiesen, Geschworene zur Aufspürung und gerichtlichen Verfolgung der Ketzer anzustellen; jeder Bischof, Fürst. Baron oder Richter, welcher einen Ketzer verschone, sollte sein Land, Gut oder Amt einbüßen; jedes Haus, das einen Ketzer beherberge, dem Boden gleichgemacht werden; wer nicht zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten beichte und kommuniziere und alle zwei Jahre seine Übereinstimmung mit der römischen Kirche eidlich bekräftige, solle der Ketzerei verdächtig und jeder ärztlichen und geistlichen Hilfe verlustig gehen. Da aber die Bischöfe in der Ausführung dieser Maßregeln bald zu lässig erschienen, so setzte der Papst besondere Ketzergerichte oder Jnquisitionstribunale ein und beauftragte die Dominikaner, welchen er unbeschränkte Vollmacht erteilte, mit der Handhabung und Leitung derselben. Die Inquisition entschied darüber, ob jemand den rechten Glauben habe oder nicht, und verurteilte die Ketzer oder Irrgläubigen zum Verlust ihrer Güter, ihrer Freiheit und ihres Lebens. Der Angeklagte wurde ins Gefängnis gebracht und durfte niemand sprechen; auch kein Gebetbuch wurde ihm gestattet. Gestand er die ihm zur Last gelegten Verbrechen, so hatte er sich sein Urteil selbst gesprochen; leugnete er dagegen, so wurde er dennoch als schuldig angesehen und demgemäß behandelt. Er erfuhr nicht, wer seine Ankläger oder wer die Zeugen waren; mit Hilfe der Folter (§. 40) erpreßte man das Geständnis. Entging ein Angeklagter durch Bekenntnis und Reue dein Tode, so mußte er dem Irrtum abschwören und sich allen Strafen und Bußübungen unterziehen, welche das Gericht aussprach. War er zum Tode verurteilt, so wurde in Gegenwart der schaulustigen Menge ein feierliches Auto da Fe (Hinrichtung) veranstaltet. Die Verurteilten erschienen barfuß, mit einer spitzen Mütze auf dem Kopfe und angethan mit dem Sanbenito, einem fafranfarfrigen Bußkleide, welches auf Rücken und Brust mit einem Kreuze bezeichnet und mit Teufeln bemalt war. Ehe die Verurteilten auf den Scheiterhaufen geführt wurden, fragte man sie, in welchem Glauben sie sterben wollten; antworteten sie: „im katholischen", so wurden sie erdrosselt, schwiegen sie, so wurden sie lebendig verbrannt. Dieses furchtbare Glaubensgericht, an welchem Neid, Hab- und Herrschsucht, Bosheit und Rache mehr Anteil hatten als der Glaubens-

10. Geschichte des Mittelalters - S. 234

1888 - Wiesbaden : Kunze
234 Vierte Periode des Mittelalters. Während er das Reich in der allgemeinen Verwirrung und Gesetzlosigkeit sich selbst überließ, fuhr er fort, seinem Erblande Böhmen und den erworbenen Gebieten seine Sorge zuzuwenden. Daher konnte ihn Maximilian I. später mit Recht „Böhmens Vater und des heiligen römischen Reiches Stiefvater" nennen. Durch strenge Rechtspflege und Abfassung eines Gesetzbuches hob er Sicherheit und Wohlfahrt, durch Anlage von Straßen, Schiffbarmachung der Flüsse, Förderung des Handels und der Gewerbe sorgte er für das Gedeihen Böhmens. Unter Mitwirkung des berühmten italienischen Dichters Petrarca stiftete er 1348 die Universität Prag, die erste in Deutschland, in der sich bald 5—7000 Studenten einfanden. Der traurige Zustand des Reiches wurde noch durch Heuschreckenschwärme, Erdbeben und Seuchen vermehrt, welche Deutschland und die Nachbarländer schwer heimsuchten. Die furchtbarste Seuche, der schwarze Tod, forderte (1348 —1350) allenthalben in Europa, Asien und Afrika zahllose Opfer. Die Krankheit begann mit Kopf-und Brustschmerzen. Bald gesellte sich Fieber hinzu. Zunge rmd Kehle färbten sich blutrot. Es bildeten sich Geschwüre, schwarze Beulen und Flecken, dann erfolgte unter entsetzlichen Schmerzen der Tod. Kein Arzt vermochte zu helfen, kein Mittel wirkte. Darum sah der Volksglaube in diesem „greulichen Weltsterben" eine Strafe des Himmels. In 3 Jahren verlor Europa nach glaubwürdigen Berichten 25 Millionen Menschen. An vielen Orten verdächtigte man die Juden, sie hätten die Brunnen vergiftet, und verfolgte sie aufs grausamste. In Mainz wurden 12 000, in Straßburg 2000, in Basel und Rom 3000 erschlagen, verbrannt oder erstickt. Andere glaubten durch Bußübungen das Übel abwenden zu können, sie stifteten die Brüderschaft der Geißler oder Flagellanten, zogen betend und büßend, singend und sich geißelnd, mit Fahnen und Kerzen von einer Stadt zur andern und wurden mit großen Feier- lichkeiten allenthalben eingeholt und geehrt. Diese Geißler-Prozes-sionen, deren Lieder sich noch erhalten haben, wurden aber den geistlichen und weltlichen Behörden gefährlich. Als sich der Papst deshalb gegen die Geißler erklärte, trennten sie sich von der herrschenden Kirche, verschmähten die Sakramente und den Gottesdienst und setzten die Buße der Geißelung an ihre Stelle. Selbst der Feuertod vermochte die Sekte nicht zu unterdrücken, und noch am Ende des 15. Jahrhunderts tauchten neue Scharen auf. Auf einer Romfahrt, die Karl Iv. mit geringer Begleitung unternahm, empfing er in Mailand und Rom 1355 die Krone.
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